Virtuelle ZEV und lokale Elektrizitätsgemeinschaften (LEG)

Am 9. Juni 2024 hat die Schweizer Stimmbevölkerung das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien (sog. Mantelerlass) angenommen. Damit ergeben sich weitere Möglichkeiten zur Nutzung von selbst erzeugter Elektrizität. Nebst dem bisherigen Zusammenschluss zum Energieverbrauch (ZEV) besteht nun die Möglichkeit zur Bildung von virtuellen ZEV sowie lokalen Elektrizitätsgemeinschaften (LEG). Die Änderungen treten voraussichtlich am 1. Januar 2025 in Kraft. Was diese einzelnen Formen des Zusammenschlusses genau sind, und welche Unterschiede bestehen, erklären wir Dir in diesem Blog.

Bisheriger ZEV

Bereits nach früherer Gesetzgebung bekannt ist der sogenannte Zusammenschluss zum Energieverbrauch (ZEV). Ein ZEV kann aus mehreren Grund- oder Stockwerkeigentümern sowie teilweise auch Mietern bestehen. Die einzelnen Teilnehmer werden nicht mehr als Endverbraucher im Sinne der Stromgesetzgebung behandelt und stellen gemeinsam bloss noch ein einziger Endverbraucher dar. Die Teilnehmer verbrauchen ihren mittels einer Produktionsanlage (i.d.R. Photovoltaikanlage) selbst produzierten Strom. Überschüssiger Solarstrom wird in einem Speicher zwischengespeichert oder ins Netz eingespeist. Die Netzeinspeisung wird entschädigt. Bei Bedarf wird Strom vom Netzbetreiber bezogen. Der ZEV ist an einen gemeinsamen Produktionsort gebunden. Weitere Details zum «normalen» ZEV findest Du hier.

Virtueller ZEV

Neuerdings ist auch die Bildung eines sogenannt virtuellen ZEV möglich. Der Bundesrat kann nun mittels Verordnung die Nutzung von Anschlussleitungen erlauben. Damit ist auch nicht mehr bloss ein einziger (gemeinsamer) Anschluss vom ZEV zum Verteilnetzbetreiber notwendig. So können ZEV-Teilnehmer nun über mehrere Anschlüsse ans Verteilnetz angeschlossen werden, indem an einem beliebigen Punkt in einer bereits bestehenden Anschlussleitung ein virtueller Zähler eingebaut wird.

Im Gegensatz zur früheren Gesetzgebung ist es somit möglich, dass ein ZEV mehrere Messpunkte aufweist und sich die Messpflicht des Netzbetreibers auf diese zusätzlichen Punkte ausweitet. Man spricht daher von virtuellen ZEV. Der Netzbetreiber ist gehalten, die gemessenen Verbräuche zusammenzuzählen und den ZEV ungeachtet der Mehrzahl von Messpunkten wie einen einzigen Endverbraucher zu behandeln. Ob ein ZEV einen oder mehrere Messpunkte aufweisen soll, an denen die Messung vom Verteilnetzbetreiber vorgenommen wird, können die Grundeigentümer des ZEV selbst bestimmen. Ein virtueller ZEV kann für die Grundeigentümer von Vorteil sein, da die bereits bestehenden Leitungen in unmittelbarer nähe verwendet werden können.

Lokale Elektrizitätsgemeinschaften (LEG)

Nebst dem virtuellen ZEV wurde zudem die Möglichkeit zur Bildung von lokalen Elektrizitätsgemeinschaften (LEG) geschaffen. Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss von Energieproduzenten und Verbrauchern, der eine lokale Vermarktung der selbst erzeugten Elektrizität über das öffentliche Netz innerhalb eines Quartiers oder auch einer Gemeinde ermöglicht. Nebst Endverbrauchern und Erzeugern von Elektrizität aus erneuerbaren Energien sind auch Elektrizitätsversorgungsunternehmen, Erzeugungsanlagen und Speicherbetreiber berechtigt, an einer LEG teilzunehmen. Eine LEG kann damit auch einen oder auch mehrere ZEV als Teilnehmer beinhalten. Die Teilnahme an mehreren LEG ist jedoch ausgeschlossen.

Die Teilnehmer müssen dabei im gleichen Netzgebiet, auf der gleichen Netzebene und örtlich nahe beieinander am Elektrizitätsnetz angeschlossen sein. Die Ausdehnung kann maximal das Gebiet einer Gemeinde umfassen. Weiter muss die LEG mit einem intelligenten Messsystem (z.B. Smart Meter) ausgestattet sein und eine Mindestgrösse an Elektrizitätserzeugung im Verhältnis zur Anschlussleistung aufweisen. Diese wurde vom Bundesrat auf mindestens zwanzig Prozent festgelegt und ist somit doppelt so hoch wie die Mindestanforderung an Elektrizitätserzeugung bei einem ZEV. Dies wird damit begründet, dass es für eine LEG einfacher ist, Erzeugungsanlagen in ihre Gemeinschaft einzubringen, weil sie dabei anders als ein ZEV nicht an den Ort der Produktion gebunden ist. Ein weiterer Unterschied zum ZEV ist, dass die einzelnen Teilnehmer einer LEG separate Kunden des Verteilnetzbetreibers bleiben und weiterhin ein Vertragsverhältnis zu diesem besteht.

Die selbst erzeugte Elektrizität kann innerhalb der LEG frei abgesetzt werden. Dazu darf das Verteilnetz genutzt werden, wobei man hierfür von einem tieferen Netznutzungsentgelt profitiert. Damit entstehen Möglichkeiten, den Solarstrom lokal im grösseren Raum zu verkaufen, zum Beispiel von einer Scheune zu einer Überbauung am anderen Ende des Dorfes.

Zur Deckung des verbleibenden Elektrizitätsbedarfs können die netzzugangsberechtigten Endverbraucher ihren Anspruch auf Netzzugang selbstständig ausüben. Für die Inanspruchnahme des Verteilnetzes können die Teilnehmer der LEG einen reduzierten Netznutzungstarif beanspruchen mit einem Abschlag für den Bezug der selbst erzeugten Elektrizität. Der Abschlag beträgt maximal 60 Prozent des sonst üblichen Tarifs. Je mehr Netzebenen bei den betreffenden Konfigurationen involviert sind, umso tiefer fällt der Abschlag aus.

Für die Rechnungstellung ermittelt der Verteilnetzbetreiber die Anteile der selbst erzeugten Elektrizität, die innerhalb der lokalen Elektrizitätsgemeinschaft unter Inanspruchnahme des Verteilnetzes abgesetzt wurde, und der gesamten übrigen Bezüge der Gemeinschaft. Unter Anwendung dieses Verteilschlüssels berechnet er bei jedem Endverbraucher die für dessen Bezüge geschuldeten Beträge. Die Endverbraucher können untereinander eine davon abweichende Aufteilung dieser Kosten vereinbaren.

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