Stolperstein Personaldossier
Im Hinblick auf das neue Datenschutzgesetz, das im Jahr 2022 in Kraft tritt, zeigt Dir das Datenschutzteam von Domenig & Partner Rechtsanwälte in der Folge auf:
welche Grundsätze Du bei der Bearbeitung von Mitarbeiterdaten beachten musst;
welche Daten in ein Personaldossier gehören und welche nicht;
wie lange Du Mitarbeiterdaten aufbewahren darfst.
Datenschutz im Arbeitsrecht
Personenbezogene Daten der Mitarbeitenden benötigen aufgrund des Machtgefälles im Arbeitsverhältnis eines besonderen Schutzes. Das Obligationenrecht trägt diesem Umstand mit einer Spezialbestimmung Rechnung:
Die Arbeitgeberin darf Daten über Mitarbeitende nur bearbeiten, soweit sie deren Eignung für das Arbeitsverhältnis betreffen oder zur Durchführung des Arbeitsvertrages erforderlich sind (Art. 328b OR).
Was beduetet das konkret?
Die Abklärung der Eignung betrifft das Bewerbungsverfahren. Art. 328b verbietet es Arbeitgebern, Informationen über persönliche Verhältnisse einzuholen, die nicht mit der persönlichen oder beruflichen Qualifikation der Mitarbeitenden zusammenhängen. Auch darf die Arbeitgeberin keine Dritten beauftragen, bspw. die politische oder sexuelle Orientierung einer Bewerberin oder eines Bewerbers herauszufinden.
Beispiel zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses:
Für Vorgesetzte kann es aus zwischenmenschlicher Sicht von Vorteil sein, die Religionszugehörigkeit oder Freizeitaktivitäten eines Mitarbeiters zu kennen.
Diese Informationen sind jedoch weder für die Lohnbuchhaltung noch für die Mitarbeiterbeurteilung relevant. Folglich darf die Arbeitgeberin solche Informationen nicht bearbeiten. Als Bearbeiten gilt auch das Speichern in einem Personaldossier. Vorgesetzte sollten solch sensible Informationen über Mitarbeitende folglich in einem privaten Notizbuch festhalten, anstatt sie im System der Arbeitgeberin zu speichern.
Welche Daten gehören in das Personaldossier?
Das Obligationenrecht und das Arbeitsgesetz schweigen zum Inhalt des Personaldossiers. Die Arbeitgeberin muss somit selbst einschätzen, welche Daten sie für das konkrete Arbeitsverhältnis wirklich benötigt.
Der eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte («EDÖB») hält in einem MERKBLATT aus dem Jahr 2014 fest, welche Angaben in einem Personaldossier typischerweise erfasst werden:
Angaben zu den Mitarbeitenden: Personalien und Adressdaten, Bewerbungsunterlagen, Nebenbeschäftigungen, öffentliche Ämter, und, soweit die Mitarbeitenden ihre vorgängige Zustimmung zu deren Einholung erteilt haben, Referenzauskünfte, graphologische Gutachten, Ergebnisse eines Persönlichkeitstests und Straf- sowie Betreibungsregisterauszüge.
Angaben zum Arbeitsverhältnis: Arbeitsvertrag, Angaben über Arbeitsausfälle und Ferien sowie Arztzeugnisse, Lohn- und Versicherungsdaten sowie Familienzulagen, Korrespondenzen zwischen Arbeitgeberin und Mitarbeitenden, Aktennotizen über besondere Vorkommnisse.
Angaben über das Verhalten der Mitarbeitenden: Mitarbeiterbeurteilungen, Disziplinarmassnahmen (Verwarnungen, Verweise, Bussen), Schadenfälle, Weiterbildung und Laufbahnplanung.
Was gehört nicht in das Personaldossier?
Sensible Informationen über Mitarbeitende wie die Intimsphäre, Religionszugehörigkeit, politische oder weltanschauliche Orientierung, persönliche Verhältnisse, biometrische oder genetische Informationen oder Informationen über gesundheitliche Merkmale gehören nicht in ein Personaldossier. Eine Ausnahme besteht dann, wenn solche Informationen für die Ausführung der Arbeitstätigkeit bekannt sein müssen.
Wer führt das Personaldossier?
Das Personaldossier wird durch die Personalabteilung geführt, gepflegt und archiviert bzw. vernichtet. Personaldossiers enthalten teilweise sensible Daten wie Arztzeugnisse, Mitarbeiterbeurteilungen oder Disziplinarmassnahmen. Aus diesem Grund ist der interne Zugriff strikt zu beschränken. Einsicht sollten nur jene Stellen erhalten, welche die Informationen für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses benötigen. Die Personalabteilung sollte ausserdem nur die erforderlichen Unterlagen und nicht das gesamte Dossier freigeben. Dies gilt auch bei Anfragen von Vorgesetzten des betroffenen Mitarbeiters.
Wie lange dürfen Informationen über Bewerber und Mitarbeitende aufbewahrt werden?
Bewerbungsverfahren
Ohne Zustimmung des Bewerbers dürfen keine Bewerbungsunterlagen aufbewahrt werden. Physische Unterlagen sind nach Abschluss des Bewerbungsverfahren zurückzugeben und elektronische Unterlagen sind zu vernichten. Dies betrifft auch Eignungsabklärungen wie Gutachten, Referenzauskünfte und Persönlichkeitstests.
Bewerbungsunterlagen von angestellten Mitarbeitenden sollten nach Bestehen der Probezeit vernichtet bzw. zurückgegeben werden, soweit kein besonderes Interesse an deren Aufbewahrung besteht.
Während des Arbeitsverhältnisses
Das neue Datenschutzgesetz hält explizit fest, dass Daten vernichtet oder anonymisiert werden müssen, sobald sie nicht mehr benötigt werden (sog. Prinzip der Datenminimierung).
Als Arbeitgeberin solltest Du Personaldossiers Deiner Mitarbeitenden deshalb einer regelmässigen Triage unterziehen. Diese dient dazu, nicht mehr benötigte Unterlagen zu erfassen und zu vernichten. Dazu gehören insbesondere sensible Daten, wie Persönlichkeitstests, graphologische Unterlagen, medizinische Gutachten, soweit sie ihren Zweck erfüllt haben. Der EDÖB empfiehlt, eine solche Prüfung alle zwei Jahre durchzuführen.
Für die Lohnbuchhaltung gilt eine Besonderheit: sie ist von der kaufmännischen Buchführungspflicht erfasst, weshalb hierfür die zehnjährige Aufbewahrungsfrist zur Anwendung gelangt. Die Frist beginnt mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung vorgenommen wurde.
Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Es dürfen nur diejenigen Daten aufbewahrt werden, die weiterhin erforderlich sind, namentlich um das Arbeitszeugnis zu erstellen oder abzuändern. Betroffen sind auch Unterlagen, die einer gesetzlichen Aufbewahrungspflicht unterliegen oder die Gegenstand einer Rechtsstreitigkeit sein können.
Lohnansprüche, Ansprüche auf Boni, Zuschläge für Überstunden und Überzeit, Spesen und Ferienlohn verjähren innert fünf Jahren nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Für Zeugnisansprüche gilt die zehnjährige Verjährungsfrist.
Noch ungeklärt sind die Fristen für den Anspruch der Kündigungsbegründung, Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche sowie Entschädigungsansprüche aufgrund von missbräuchlicher oder nicht gerechtfertigter fristloser Kündigung.
Folglich sollten alle Unterlagen, die in einem Prozess verwendet werden können, während längstens fünf bzw. zehn Jahren nach Austritt der Mitarbeitenden aufbewahrt und spätestens nach Abschluss des Gerichts- bzw. Rechtsmittelverfahrens vernichtet werden.
Wird aufgrund eines Rechtsstreits nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Lohnnachzahlung vorgenommen, gilt für diesen buchhalterischen Vorgang im Übrigen wiederum eine neue, zehnjährige Frist.
Für die Berichtigung bzw. Ergänzung von Arbeitszeugnissen sollte sich die Aufbewahrung auf die letzten zwei Mitarbeiterbeurteilungen sowie die Aufgabenbeschreibung, die Dauer des Arbeitsverhältnisses, Weiterbildungen, die Laufbahnplanung oder allfällige besondere Vorkommnisse beschränken.
Übersicht
Die nachfolgende Grafik soll Dir eine Übersicht über die verschiedenen Aufbewahrungsfristen geben:
Fazit
Die Aufbewahrung von Mitarbeiterdaten ist eine der schwierigsten Fragen arbeitsrechtlichen Datenschutzes. Die Datenminimierung und das Bedürfnis, im Hinblick auf allfällige Rechtsstreitigkeiten möglichst viele Unterlagen aufzubewahren, führen in der Praxis zu einem Spannungsfeld.
Unsere Grafik soll Dir die Pflege des Personaldossiers erleichtern und dabei als Leitfaden in der Praxis dienen.
Falls Du dazu Fragen hast, stehen wir Dir gerne zur Verfügung!
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