Problem: Grosszyklische Sanierungen im Stockwerkeigentum

Das Stockwerkeigentum in der Schweiz hat aufgrund der günstigen Rahmenbedingungen in den letzten Jahren einen grossen Aufschwung erlebt insbesondere, weil Kaufen gegenüber Mieten finanziell attraktiver geworden ist. Die Verschuldung der privaten Haushalte ist entsprechend auf ein Höchstniveau gestiegen. Viele Eigentümer sind sich zu wenig bewusst, dass neben den Zinskosten auch entsprechende Rückstellungen für künftige Sanierungen auf die Seite gelegt werden müssen. Aufgrund ungenügender Dotierung der Erneuerungsfonds ist es oft schwierig, Sanierungsentscheide im Stockwerkeigentum zu treffen.

Dieses Problem zeigt sich insbesondere bei Objekten, die älter als 40 Jahre sind. Hingegen besteht bei älteren Objekten öfters die Möglichkeit, dass durch Umzonungen oder Aufzonungen Ausnützungsreserven entstanden sind.
 
Im Zusammenhang mit grosszyklischen Sanierungen, z.B. Gesamtsanierungen oder minergetische Sanierungen, können sich Aufstockungen als sinnvolles Mittel erweisen, die Hürde der Einstimmigkeit bei der Erneuerung von Liegenschaften im Stockwerkeigentum zu überwinden. Der Verkauf des unausgeschöpften Ausnützungspotenzials an einen Investor könnte dabei die notwendigen Mittel für die grosszyklische Sanierung generieren. Doch was ist dabei zu beachten?
 

Wichtige Begriffe:

  • Umzonung
    stellt eine Änderung der Nutzungszonenzuweisung für ein bestimmtes Grundstück dar.

  • Aufzonung
    Als Aufzonung gilt die Verbesserung der Nutzungsmöglichkeiten in einer Bauzone durch eine Planungsmassnahme, etwa durch die Möglichkeit, zusätzliche Geschosse errichten zu können.

  • Aufstockung
    Die Ergänzung eines Gebäudes um weitere Stockwerke.

 

Gesetzliche Hürden

 Das Gesetz bietet keine klare Regelung über Aufstockung, Abbruch und Neubau älterer Liegenschaften und lässt viele Fragen für mögliche Umsetzungsvarianten offen. Das Gesetz räumt sogar jedem Stockwerkeigentümer unter gewissen Umständen einen individuellen Anspruch auf Aufhebung des Stockwerkeigentums ein, obwohl vielleicht ein Grossteil der Stockwerkeigentümergemeinschaft den Weiterbestand mittels eines Ersatzneubaus sichern möchte. Die zwingende und entscheidende Voraussetzung für die erfolgreiche Realisierung eines Ersatzneubaus und den Fortbestand der Gemeinschaft ist die Einigung der Stockwerkeigentümer betreffend die kritischen, oftmals einstimmig zu fassenden Punkten.
 
Der Gesetzgeber hat sich vor 50 Jahren eine Stockwerkeigentumsgemeinschaft von zehn oder 20 Stockwerkeigentümern vorgestellt. Heutzutage bestehen aber Überbauungen mit 50 bis deutlich über 100 Stockwerkeinheiten. Die einheitliche Beschlussfassung wird damit zur Utopie.
 

Unterdotierung des Erneuerungsfonds

 Zusätzlich sind die Erneuerungsfonds der jeweiligen schweizerischen Stockwerkeigentumsgemeinschaften oftmals schlecht dotiert. Im Zusammenhang mit einer Beschlussfassung muss man sich im Klaren darüber sein, dass viele Stockwerkeigentümer nicht einkalkuliert haben, dass neben den Zinskosten auch entsprechende Rückstellungen für künftige Sanierungen auf die Seite gelegt werden müssen. Wegen einer drohenden Überschuldung führt dieser Umstand oftmals zu einer Verweigerungshaltung von Stockwerkeigentümern in Bezug auf ihre Zustimmung zu einer benötigten grosszyklischen Sanierung.
 

Pragmatische Lösungsansätze

 Jede Stockwerkeigentümergemeinschaft hat es selber in der Hand, diesbezüglich Vorkehrungen zu treffen und verschiedene dispositive Gesetzesnormen im Stockwerkeigentümerreglement zu ergänzen oder modifizieren, um mehr Klarheit für künftige Fragen zu schaffen. Damit kann die Stockwerkeigentümergemeinschaft unnötige Konflikte in Bezug auf die Einstimmigkeit verhindern. Zudem sollte die Dotierung des Erneuerungsfonds frühzeitig überprüft und bei Unterdotierung nachjustiert werden. Oftmals ist die Zustimmungsfreudigkeit der Stockwerkeigentümer bei einer frühzeitigen Revision der Reglemente etc. höher, da nicht unmittelbar hohe Kosten damit verbunden sind und die Regelungen dem Fortbestehen des Stockwerkeigentums dienen.
 
Sollte eine frühzeitige Revision der Reglemente oder ein Nachjustieren beim Erneuerungsfonds nicht möglich sein, so ist die Überprüfung der Ausnützungsziffer und der Verkauf von ausgenütztem Ausschöpfungspotenzial an einen Investor ein pragmatischer Lösungsansatz, um eine grosszyklische Sanierung zu realisieren. Der Verkauf von Ausschöpfungspotenzial an einen Investor ermöglicht den gordischen Knoten zu lösen, da damit die Finanzierungsproblematik entschärft werden kann.
 
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