Die Anti-Dilution-Klausel

Als Gründer oder Investor bist Du wahrscheinlich bereits mit einer Anti-Dilution-Klausel in Berührung gekommen. Was bedeutet diese Klausel und was gibt es zu beachten?

Eine Anti-Dilution-Klausel ist ein Mechanismus in Investitionsverträgen, der Investoren vor der Verwässerung ihrer Anteile schützt. Dies geschieht in der Regel, wenn ein Unternehmen neue Aktien zu einem Preis ausgibt der niedriger ist, als der, zu dem die Investoren ursprünglich eingestiegen sind (sog. Down-Round). Die Klausel passt die Beteiligungsquote der bestehenden Investoren an, um deren Verlust an relativer Eigentümerschaft zu kompensieren. Darum wird ihm Rahmen von Anti-Dilution-Klauseln auch von übermässiger Verwässerung gesprochen.

Arten und Funktion

Auslöser (sog. Trigger-Event) der Anti-Dilution-Klausel ist in der Regel eine Down-Round. Betreffend die Anwendung werden oft Ausnahmen (sog. Carve-outs) vereinbart. Dabei besteht ein grosser Spielraum. Regelmässig werden Ausnahmen im Rahmen von Mitarbeiterbeteiligungen oder bei Beteiligungen von strategischen Partnern vereinbart. Ist eine solche Ausnahme bei Mitarbeiterbeteiligungen vorgesehen, so kommt die Anti-Dilution-Klausel bei der Ausgabe von Mitarbeiterbeteiligungen, unabhängig vom Ausgabepreis, nicht zur Anwendung.

Es gibt verschiedene Anti-Dilution-Klauseln. Sie unterscheiden sich hauptsächlich in der Höhe der Kompensation, die der Investor als Ausgleich für die Verwässerung seiner Anteile erhält. Die gängigsten Methoden sind die Full-Ratchet-Methode und die Weighted-Average-Methode. Die Full-Ratchet-Methode ist besonders investorenfreundlich. Der berechtigte Investor erhält so viele Aktien zum Nominalwert oder gratis, bis sein durchschnittlicher Anteilspreis dem neuen tieferen Aktienpreis entspricht. Er wird so gestellt, als hätte er alle seine Anteile zum günstigeren Preis erworben. Die Weighted-Average-Methode hingegen ist gründerfreundlicher und berechnet die Kompensation anhand eines Durchschnittswertes der Preise aus beiden Finanzierungsrunden. Bei der Weighted-Average-Methode wird der Investor also nicht zu 100% kompensiert. Die Aktien, welche der Investor als Kompensation erhält, kommen in der Regel von den Gründern, aus eigenen Aktien des Unternehmens oder aus der Kapitalerhöhung im Rahmen der Down-Round.

Beispiel

Das nachfolgende Beispiel dient der Veranschaulichung des soeben erwähnten. Ein Investor kauft Anteile eines Startups zu einem Preis von CHF 10 pro Aktie. In einer späteren Finanzierungsrunde sammelt das Unternehmen Kapital zu einem niedrigeren Preis von CHF 5 pro Aktie ein. Ohne Anti-Dilution-Schutz würde der frühere Investor eine Verwässerung seines Anteils erfahren, da neue Aktien zu einem geringeren Preis ausgegeben werden. Der spätere Investor würde mit der gleichen Investitionssumme die doppelte Menge an Aktien erhalten. Dank einer Anti-Dilution-Klausel wird der frühere Investor aber entschädigt. Mit der Full-Ratchet-Methode wird der Preis der vom Investor gehaltenen Aktien so angepasst, dass er dem niedrigeren Preis der neuen Finanzierungsrunde entspricht. Dies bedeutet, dass der Investor zusätzliche Aktien erhält, um den Wertverlust seiner ursprünglichen Investition auszugleichen. Er wird somit so gestellt wird, als hätte er von Anfang an zum niedrigeren Preis investiert.

Was solltest Du beachten?

Die Anti-Dilution-Klausel wird je nach Perspektive unterschiedlich bewertet. Als Schutzmechanismus für Investoren kann sie einen erheblichen Vorteil bedeuten. Sie sichert seine Investition gegen einen Wertverlust bei einer Down-Round ab. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn Gründer eine hohe Bewertung anstreben.

Dem gegenüber stehen die Gründer. Für sie bringt die Anti-Dilution-Klausel keine Absicherung. Im Gegenteil, das volle Risiko einer möglichen Fehlbewertung wird auf die Gründer übertragen. Weil eine Anti-Dilution-Klausel nur bei einer Down-Round Anwendung findet, haben zuversichtliche Gründer wenig zu befürchten. Dennoch ist die Aufnahme einer Anti-Dilution-Klausel aus Gründerperspektive meist nicht ratsam. Die frühe Aufnahme kann spätere Investoren abschrecken. Dies erschwert die Kapitalbeschaffung und belastet die Gründer.

Wenn die Anteile der Gründer durch wiederholte Finanzierungsrunden immer weiter verwässert werden, kann dies zusätzlich Fehlanreize schaffen. Die Gründer können Entscheidungen treffen oder Risiken eingehen, die nicht im besten Interesse der Investoren liegen. Nicht nur die Gründer, sondern auch Mitarbeiter sind betroffen. Die Verwässerung betrifft auch die Mitarbeiterbeteiligungen, was wiederum Fehlanreize schaffen kann. Die Verwässerung von Gründer- und Mitarbeiteranteilen kann die gesamte Kontroll-Dynamik innerhalb des Unternehmens verändern.

Auch für Investoren bestehen Nachteile. Regelmässig wird die langfristige Wirkung einer Anti-Dilution-Klausel unterschätzt. Die Anti-Dilution-Klausel schafft nämlich Präzedenzfälle (sog. Precedents) für zukünftige Investoren. Diese werden ebenfalls auf die Aufnahme der Klausel bestehen. Dabei wird die Attraktivität für Investoren weiter geschmälert. Ebenfalls wird die Komplexität der Verträge erhöht. Ursprünglich erfolgsversprechende Unternehmen können derart belastet werden, dass sie für Investoren schlicht nicht mehr interessant sind. Darüber hinaus kann die Klausel auch für Investoren Fehlanreize schaffen. Eine Anti-Dilution-Klausel kann Investoren in die Sunk-Cost-Fallacy treiben. Was bedeutet, dass sie weiterhin an einer fehlgeschlagenen Investition festhalten.

Die Gestaltung einer Anti-Dilution-Klausel bietet grosse Flexibilität. Durch gezielte Formulierungen kann die Klausel auf den Einzelfall zugeschnitten werden. Dies ist wichtig, um eine Balance zwischen dem Schutz der Investoren und der Flexibilität für zukünftiges Wachstum des Unternehmens zu finden. Sowohl Gründer als auch Investoren müssen die Auswirkungen dieser Klauseln sorgfältig abwägen, um eine für beide Seiten vorteilhafte Lösung zu erzielen.

Gerne unterstützen wir Dich bei einer anstehenden Finanzierungsrunde, sei es als Gründer oder als Investor.

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