Der Fotoschutz im revidierten Urheberrechtsgesetz
Stand der Revision
Das Urheberrecht schützt das geistige Eigentum des Schöpfers von literarischen und künstlerischen Werken, wenn drei Elemente erfüllt sind. Zunächst muss eine «geistige Schöpfung» gegeben sein. Die geistige Schöpfung muss ausserdem der «Literatur und Kunst» angehören. Diese Begriffe greifen sehr weit, so wurden bereits vor der Revision Filme und Fotos als «Kunst» in diesem Sinne qualifiziert. Das zentrale und wichtigste Kriterium ist jedoch das Erfordernis der «Individualität». Das heisst, das Werk muss einen gewissen Grad an Individualität und Originalität aufweisen. Mit anderen Worten: das Werk muss sich, vom Alltäglichen unterscheiden.
Das Kriterium der Individualität beim urheberrechtlichen Schutz von Fotos war denn auch ein steter Zankapfel. Gegner des urheberrechtlichen Schutzes von Fotos monierten, dass die Individualisierung einer Fotografie für den Laien schwer erkennbar sei. Der Fotograf zeichnet das Bild nicht selbst, sondern hält nur mechanisch fest, was durch die Linse fällt. Das Bundesgericht hingegen anerkannte grundsätzlich, dass Fotos individuell und damit urheberrechtlich geschützt sein können. In seinen beiden Leitentscheiden «Bob Marley» und «Wachmann Meili» legte es die Kriterien fest, wann ein Foto als «individuell» zu beurteilen ist. Dies ist der Fall, wenn ein Foto in der genau gleichen Form bisher nicht existiert und auch in Zukunft voraussichtlich nicht geschaffen wird. Zudem ist relevant, welche gestalterischen Elemente der Fotograf ausgewählt hat, wie er die einzelnen Bildkomponenten angeordnet hat, der Zeitpunkt des Auslösens, wie er die abgebildeten Objekte auswählt und anordnet sowie der Grad der geistigen Gestaltung bei der Entstehung des Fotos. Diese Kriterien konnten Schnappschüsse bereits vor der jüngsten Revision des URG erfüllen. Einfache Selfies oder Gelegenheitsaufnahmen von Freunden und Familie, wie sie heute millionenfach in den sozialen Netzwerken zu finden sind, erfüllten diese Kriterien jedoch regelmässig nicht und waren somit bisher auch nicht urheberrechtlich geschützt.
Neuerungen
Mit dem neuen Art. 2 Abs. 3bis URG unterstellt der Gesetzgeber nun auch diejenigen Fotos, die keinen individuellen Charakter aufweisen, dem Schutz des Urheberrechts. Vorausgesetzt ist nur noch, dass die Fotografie ein dreidimensionales Objekt wiedergibt und von einem Menschen erstellt wurde. Ersteres wäre beispielsweise bei Fotokopien, letzteres bei einer Radarfalle im Strassenverkehr nicht der Fall. Dementsprechend geniesst nun jeder Fotograf für jedes Foto den vollen Umfang der urheberrechtlichen Schutzrechte. Während die Schutzdauer des nicht individuellen Fotos auf 50 Jahre ab Herstellung begrenzt ist, sind die individuellen Fotos, so wie die übrigen Werke, weiterhin für 70 Jahre ab Herstellung geschützt. Demnach bleibt die altrechtliche Abgrenzungsproblematik zwischen individuellen und nicht individuellen Fotos bestehen.
Auswirkungen
Die neue Regelung, wonach nicht individuelle Fotos 50 Jahre ab Herstellung geschützt sind, erfasst auch Aufnahmen, die bereits vor Inkrafttreten der Revision des URG entstanden sind. Um die dadurch vorprogrammierten Konflikte zu entschärfen, sieht das revidierte URG zusätzlich vor, dass die nach altem Recht zulässigen Verwendungen weiterhin erlaubt bleiben sollen. Nicht individuelle Fotos die in einem Katalog, der bereits vor der Revision gedruckt wurde, oder solche, die vorher auf die Firmenwebseite geladen wurden, dürften beispielsweise weiterhin verwendet werden. Wenn der Katalog oder die Webseite jedoch erneuert wird, kann dies plötzlich eine Verletzung von Urheberrechten des Fotografen der verwendeten Fotos bedeuten. Die neue Regelung im URG erhöht dementsprechend die Gefahr, unbewusst eine Urheberrechtsverletzung zu begehen. Es bleibt zwar weiterhin erlaubt, ein fremdes Foto für den persönlichen Gebrauch zu verwenden und im privaten Rahmen weiterzuverbreiten. Wer jedoch ohne Einwilligung ein Foto eines Dritten in einem sozialen Netzwerk teilt, befindet sich bereits nicht mehr im privaten Rahmen und begeht eine Urheberrechtverletzung. Denn ohne Einwilligung des Fotografen ein Foto ins Netz hochzuladen, ist verboten.
Ein Fotograf, dessen Aufnahme ungerechtfertigter Weise verwendet wird, kann dagegen sowohl zivilrechtlich als auch strafrechtlich vorgehen. In der Regel empfiehlt es sich, zuerst den unerlaubten Verwender auf den Rechtsbruch aufmerksam zu machen. Findet die unerlaubte Verwendung des Fotos im Internet statt, kann zudem beim Hosting Provider die Entfernung des entsprechenden Inhalts verlangt werden.
Fazit
Die neue Regelung weitet den Anwendungsbereich des URG massiv aus und erhöht damit auch die Gefahr, unbewusst eine Urheberechtsverletzung zu begehen. Gleichzeitig bleiben komplizierte Rechtsfragen im Bereich des Fotoschutzes bestehen. Dagegen werden mit der neuen Regelung die Rechte von Fotografen gestärkt.