Bitcoin als Zahlungsmittel
Bitcoin als Geld im wirtschaftlichen Sinne
Geld im wirtschaftlichen Sinne hat eine Tauschmittel-, Wertaufbewahrungs- und Recheneinheitsfunktion.
Als Tauschmittel eignen sich Gegenstände, die in kleinere Stücke geteilt werden können, und einfach übertragbar sind. Bitcoins können zurzeit bis zur achten Dezimalstelle gestückelt werden. Kryptowährungen sind bequem per Mausklick auf andere Personen übertragbar. Nur bei der Übertragungsgeschwindigkeit besteht – je nach Kryptowährung – Optimierungspotential. Im Grundsatz eignet sich Bitcoin als Zahlungsmittel sehr gut.
Ein Wertaufbewahrungsmittel dient dem Erhalt des Vermögens. Staatliches Geld erfüllt diesen Zweck nicht immer. In der Wirtschaftsgeschichte kamen unzählige Geldinflationen vor. Beispielsweise verdreifachten sich die Preise im Jahr 1945 in Ungarn täglich. Bitcoin ist in dieser Hinsicht stabiler als die damalige ungarische Währung. Zwischen dem September 2017 und Juli 2020 schwankte der Kurs lediglich zwischen ca. CHF 3’800 und CHF 19’000. Dies entspricht ungefähr den Kursschwankungen des argentinischen Pesos, wobei letzterer sich nur nach unten bewegte. Im Vergleich zu stabilen Währungen wie z.B. dem Schweizer Franken (CHF) sind diese Schwankungen sehr hoch. Im Vergleich zu instabilen Währungen, ist Bitcoin jedoch ein stabiles Wertaufbewahrungsmittel.
Geld hat eine Recheneinheitsfunktion. Es dient als Vergleichsmassstab für Lohnarbeit, Waren und Dienstleistungen. Diese Funktion erfüllen Bitcoins ebenso. Dabei ist aber wieder die Problematik der hohen Volatilität zu beachten.
Die meisten Ökonomen sind daher der Ansicht, dass sich Bitcoin im wirtschaftlichen Sinne als Zahlungsmittel eignet. Wir zeigen Dir nun die rechtlichen Rahmenbedingungen im Zahlungsverkehr auf.
Bitcoin als Geld im rechtlichen Sinne
Im rechtlichen Sinne gelten Kryptowährungen weder als Geld, noch als körperliche Sachen im Sinne von Art. 641 ff. Zivilgesetzbuch. Die herrschende Lehre ist der Ansicht, dass Kryptowährungen nicht in ein bestehendes Konstrukt eingereiht werden können. Die meisten Experten vertreten die Meinung, dass es sich um eine Art Wertdaten handelt. Dennoch können bestimmte Gesetzesartikel für Kryptowährungen zur Anwendung geraten. Im Folgenden zeigen wir Dir ein paar davon.
Zulässige Zahlungsmittel gemäss OR
Nach Art. 84 Abs. 1 Obligationenrecht (OR) sind Geldschulden in der Schweiz grundsätzlich in gesetzlicher Währung zu zahlen, d.h. in CHF. Lautet die Schuld auf eine Fremdwährung, kann dennoch in CHF bezahlt werden, sofern nicht effektiv die wortgetreue Zahlung in der Fremdwährung vereinbart wurde (Art. 84 Abs. 2 OR). Fremdwährungen aus Schweizer Sicht sind Zahlungsmittel, die nicht in der Schweiz, aber in einem anderen Land ein gesetzliches Zahlungsmittel sind. Da aber Bitcoin in keinem Land der Welt ein gesetzliches Zahlungsmittel ist, handelt es sich rechtlich nicht um eine Fremdwährung.
Wenn nun eine Forderung auf Bitcoins lautet, so ist der Schuldner nicht berechtigt, mit CHF zu bezahlen. Daher kann man sich eine Schuld in Bitcoins so vorstellen wie eine Schuld in anderen vertretbaren Sache, wie z.B. Schrauben. Wenn Du 10 Schrauben kaufst, darf der Verkäufer nur 10 Schrauben leisten, aber kein Geld in entsprechender Höhe.
Der Gläubiger kann bei einer auf Geld lautenden Forderung den Schuldner ermächtigen, eine andere Währung oder gar einen anderen Vermögenswert zu leisten. Daher kann der Gläubiger auch Bitcoins anstelle von CHF akzeptieren. Dies ist möglich durch explizite Ermächtigung oder kann sich auch aus den Umständen ergeben. Erwähnt der Vertragspartner auf dem Briefkopf der Rechnung ein Bitcoin-Konto, darfst Du davon ausgehen, dass er Bitcoins als Zahlungsmittel akzeptiert.
Verrechnung
Geldforderungen oder andere Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleich sind, können nach Art. 120 Abs. 1 OR miteinander verrechnet werden. CHF können mit Fremdwährungen verrechnet werden. Da aber Bitcoin rechtlich gesehen kein Geld ist, kann eine CHF-Forderung nicht mit einer Bitcoinforderung verrechnet werden. Stehen Forderungen der gleichen Kryptowährung gegenüber, sind diese ihrem Gegenstand nach gleich und können somit verrechnet werden. Bitcoin kann mit Bitcoin verrechnet werden. Bitcoin kann aber nicht mit anderen Kryptowährungen wie z.B. Ether verrechnet werden, da sie nicht gleichartig sind.
CHF mit EUR: möglich
CHF mit Bitcoin: nicht möglich
Bitcoin mit Bitcoin: möglich
Bitcoin mit Ether: nicht möglich
Arbeitsrechtliche Lohnzahlungspflicht
Nach Art. 323b Abs. 1 OR ist der Lohn in CHF auszurichten, sofern nichts anderes vereinbart oder üblich ist. Ein sogenannter Naturallohn, d.h. ein nicht monetärer Lohn, kann zulässig sein. Eine Lohnzahlung in Bitcoins wäre ein Naturallohn. Ein reiner Naturallohn wäre aber nicht zulässig, wenn der Arbeitnehmer damit seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten könnte. Bei einem Kurszerfall müsste der Arbeitnehmer gratis arbeiten. Dies wäre ein Verstoss gegen die Lohnzahlungspflicht und die arbeitgeberische Fürsorgepflicht. Eine Lohnzahlung in Bitcoins würde denn auch eine starke Schwankung bedeuten. Wenn der Arbeitnehmer über Monate hinweg durchschnittlich dennoch ein angemessenes Entgelt für seine Arbeit erzielt, wäre eine Lohnzahlung in Bitcoins unseres Erachtens zulässig. Um ein allfälliges Prozessrisiko zu vermeiden, ist dem Arbeitgeber jedenfalls davon abzuraten.
Weitere, ausgewählte Regeln aus dem OR
Die Zinspflicht gemäss Art. 104 Abs. 1 OR gilt nur beim Verzug einer Geldschuld. Für den Verzug einer Forderung in Bitcoins gibt es daher keine Zinszahlungspflicht. Der Gläubiger kann nur, aber immerhin weiteren Schaden nach Art. 106 Abs. 1 OR geltend machen. Dazu gehört beispielsweise ein Kursverlust, für den Fall, dass der Bitcoinkurs nach dem Eintritt des Verzugs sinkt.
Ein Darlehen kann neben Geld auch vertretbare Sachen zum Gegenstand haben (Art. 312 OR). Daher können Eier, Schrauben, etc., sowie auch Bitcoins zum Gegenstand eines Darlehens werden.
Praxistipps
Aus den obigen Erläuterungen ergeben sich einige Praxistipps.
Wer Krypto-Forderungen möglichst einfach vollstrecken können möchte, sollte immer vertraglich vereinbaren, dass anstelle der Kryptos auch deren Gegenwert in Geld verlangt werden kann. Dabei ist ein Hinweis auf den Anwendbaren Wechselkurs anzubringen.
Wer im Fall eines Verzugs seines Gläubigers von Kryptoschulden Zinsen verlangen können möchte, sollte dies Vertraglich vereinbaren.
Fazit
Bitcoins gelten aus wirtschaftlicher Sicht als Zahlungsmittel. Im Schweizer Geldrecht werden sie jedoch nicht als Zahlungsmittel anerkannt. Die Rechtsnatur ist noch nicht restlos geklärt. Wie so oft, ist die Technik dem Recht voraus. Dennoch können die bereits existierenden Rechtsnormen im Bereich des Obligationenrechts problemlos auf die Kryptowährungen angewendet werden.
Zu Kryptowährungen in diesem Zusammenhang gibt es noch keine Gerichtsurteile. Daher kann ein Gericht jederzeit anders entscheiden, als hier ausgeführt wurde.